Happy International Women’s Day – Toll gibt’s ihn, schade brauchts ihn

Mir ist fast etwas schwindlig, so viel habe ich heute über den International Women’s Day gelesen. Ja, es herrscht nach wie vor in verschiedensten Bereichen ein Ungleichgewicht und ja, das ist so nicht in Ordnung. Die Zahlen und Fakten sprechen für sich und zeigen, es ist noch ein weiter Weg. An dieser Stelle möchte ich nun aber meinen persönlichen Weg aufzeigen und war selbst überrascht: Das «Ungleichgewicht» wurde für mich erst durch den Berufseinstieg wirklich sicht- und fühlbar.

Aufzuwachsen in einer eher ländlichen und man sagt, konservativen Region, ist auf den ersten Blick wohl nicht die optimale Ausgangslage für einen emanzipierten und gleichberechtigten Lebensweg. Von klein an wurde ich aber dazu erzogen, dass ich alles erreichen kann was ich will, man muss sich halt einfach anstrengen. Ich war von Natur aus immer sehr neugierig und wollte einfach alles wissen. In der Schule hatte ich nie Probleme, im Gegenteil, und auch sportlich war ich immer ambitioniert und verfolgte meine Ziele mit viel Disziplin und Ehrgeiz.

Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, als die Jungs ebenso Handarbeitsunterricht hatten wie wir Mädchen den Werkunterricht besuchten und in die Kochschule gingen wir natürlich ebenfalls gemischt. Ist ja logisch, essen (und daher auch kochen) muss ja schliesslich jeder. Nichtsdestotrotz wurde ich als Mädchen erzogen. Während Jungs für ihre Grösse, Stärke und Durchsetzungsvermögen nahezu vergöttert wurden, wurden wir Mädchen für das schöne Kleid, den kunstvollen Zopf und unsere Bescheidenheit gelobt.

Vor dem Einstieg in die Berufswelt erklärte uns an der Infoveranstaltung einer lokal ansässigen Bank der damalige Chef gleich schon bei der Begrüssung, dass er es super fände, dass sich die eine oder andere von uns schon schön mit Make-up herrichte oder die Nägel lackiere - das würde vor allem beim Kundenkontakt einen guten Eindruck hinterlassen. Ich hatte diese Aussage damals nicht gross hinterfragt, aber ich fand diesen Typen widerlich, wollte mich auf keinen Fall «anmalen» und hatte daher schon nach den ersten zwei Minuten kein Interesse mehr.

Für mich ging es weiter ans Gymnasium und danach an die Uni Zürich für mein Studium der Wirtschaftswissenschaften. Spannende, tolle aber auch anstrengende Jahre, in denen ich keine Minute daran habe zweifeln müssen, irgendwie benachteiligt zu sein. Nebenher war ich oft als Freelancerin für unsere Lokalzeitung unterwegs. Klar musste man sich da und dort behaupten und traf als junge Frau auf verschiedenste Vorurteile, aber dabei war nichts, was mich hätte entmutigen können.

Nach dem Studium zog es mich in die Finanzbranche. Bis heute liebe ich Zahlen und finde dieses dynamische Umfeld rund um verschiedenste Finanz- und Wirtschaftsthemen spannend. Auf was ich in keiner Weise vorbereitet wurde sind aber zwei Punkte: 1.) Es hat definitiv niemand auf mich gewartet. 2.) Ein dickes Fell wäre überlebenswichtig gewesen.

Mit meinen damals 26 Jahren geriet ich ziemlich blauäugig in die Businesswelt hinein. Bevor ich überhaupt realisierte, was da passiert, hatte ich meinen ersten Eindruck in diesem Haifischbecken schon auf «herziges, fleissiges Bienchen» programmiert und auf dieser Position blieb ich auch. Viel Platz einnehmen und rumposaunen wie gut ich bin, liegen mir zwar immer noch nicht, doch kann ich heute ohne Probleme für mich einstehen. Ebenfalls in dieser Zeit kam es nicht selten zu unnötigen Bemerkungen. Wurde ich für Meetings warten gelassen kam beispielsweise der Kommentar, ich hätte ja die Zeit zum Nägel lackieren nutzen können. Ich damals - einfach sprachlos.

Ich wollte nicht aufgeben und habe viele Jahre in der Branche weitergekämpft – um Respekt, Ansehen und gleiche Karrierechancen. Irgendwann habe ich mich dann bewusst für meinen ganz eigenen Weg entschieden, um all meine Energie in für mich sinnvolle Projekte zu investieren. Da wo ich sass, ging es echt nicht mehr weiter. Manchmal denke ich zwar zurück und würde gerne als mein 38-jähriges Ich in einer Situation von damals sitzen. Könnte amüsant sein. ;-)

Mein bisheriger Weg und meine Entscheidungen haben mich zu der Person gemacht, die ich heute bin. Würde ich etwas anders tun? Nein, aber ich wünschte, ich hätte mit 26 schon gewusst, wie der Hase läuft. Lasst uns heute und alle anderen Tage im Jahr all die starken Menschen feiern, die Herausforderungen meistern, Grandioses leisten und sich einfach nicht unterkriegen lassen. Und solltet ihr in eurer Umgebung auf ein «fleissiges Bienchen» treffen, dann unterstützt dieses doch bitte. Zusammen anstatt immer gegeneinander wäre es einfach soooo viel einfacher!